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2019 im Mittelalter


Al I. und Kathrin I. sind neues Prinzenpaar

Dass der Überwald immer mehr zusammenrückt, zeigt auch der Ober- Abtsteinacher Karnevalsclub (OKACLU) in seiner diesjährigen Kampagne: Zum zweiten Mal trägt eine Unter-Abtsteinacherin die Prinzessinnenkrone. Doch nicht nur das. Der OKACLU hat auch ein neues Ehrenkomiteemitglied. Und das stammt aus der benachbarten Gemeinde Birkenau. Der neue Prinz hingegen ist waschechter Ober-Abtsteinacher und kein Unbekannter. Als „Al I. vunns Boche un Doons“ wird Andreas Lammer, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, die 67. Kampagne repräsentieren. Tatkräftig unterstützen wird ihn dabei Ihre Lieblichkeit Kathrin I., die auch im wahren Leben die Frau an seiner Seite ist. Doch von vorne:
Wer am 11. November den Hof des „Gude Drobbe“ in Ober-Abtsteinach betritt, weiß, dass dort die Narren das Sagen haben. In gelben Sakkos und mit der rot-weiß-blau gestreiften Narrenkappe empfingen sie sich gegenseitig mit Helau-Rufen und Umarmungen – viel zu lange ist die vergangene Kampagne her. Das sagte auch Vollblutfastnachter und OKACLU-Präsident Sven Tietze, der – wie alle Narren – der fünften Jahreszeit wahrlich entgegenfiebert.

„Große Ehre“ für Helmut Morr

Mit einem dreifach donnernden Helau eröffnete er am Sonntagabend auf dem Dachboden des kleinen Ladens von Lady Esther die nunmehr 67. Kampagne des OKACLU. Bevor das Geheimnis um das neue Prinzenpaar gelüftet wurde, nahm Tietze eine Ehrung vor: Er ernannte Helmut Morr, Bürgermeister von Birkenau, „als Dank zur langjährigen Treue zum OKACLU“ zum Ehrenkomiteemitglied. Neben ihm gibt es erst zwei Ehrenkomiteemitglieder: Matthias Wilkes, Landrat a.D., und Rolf Reinhard, Bürgermeister a.D. Für Morr als „Fastnachter mit Leib und Seele“ war diese Auszeichnung eine „große Ehre“.
Er und die Komiteemitglieder waren nun bereit, um das neue Prinzenpaar in Empfang zu nehmen – das bis dahin traditionell streng geheim gehalten wird. Nur Tietze selbst und Vizepräsident Dr. Bernd Disam kannten das Geheimnis. Deswegen war es nicht verwunderlich, dass die Narren nun endlich wissen wollten, wer das neue Prinzenpaar wird.
Mit Spalier der Prinzengarde und den Komiteemitgliedern wurden die beiden schon sehnsüchtig erwartet. Die Musik ging aus, die Gespräche verstummten. Als dann endlich das Wohnmobil von Rolf Reinhard in die Einfahrt fuhr – in diesem Jahr wurden er sowie Helmut Morr mit der Aufgabe betraut, das neue Prinzenpaar zu suchen und sicher zum Veranstaltungsort zu bringen – war der Jubel nach der Demaskierung groß.
Zuvor dankte Tietze dem Prinzenpaar der vergangenen Kampagne, Sven II., „Landlord of the Walldorf-Astoria and King of Cotton-Club-Dancefloor“ sowie Ihrer Lieblichkeit Marielena I. für ihren Einsatz. Diese übergaben feierlich die roten Mäntel, das Zepter, die Amtskette, die Krone und die Prinzenkappe.
Ein dreifach donnerndes Helau untermalte die Zeremonie, bevor die Komiteemitglieder die ersten Lieder in Begleitung von Hofkapellmeister Theo am Akkordeon sangen, miteinander schunkelten und die Fastnachtszeit bei einem gemütlichen Beisammensein einläuteten. Und diese ist in diesem Jahr insofern besonders, da sie zum einen recht lange andauert – am 6. März ist Aschermittwoch – und zum anderen, da der OKACLU zum ersten Mal Gastgeber des Kreisnarrentreffens sein wird. Dieses findet statt am 17. Februar im Jugendheim. Details folgen.
Davor lädt der OKACLU aber erst noch zu seinen sieben Prunksitzungen ein, die am 11. und 12. Januar, 18., 19. und 20. Januar sowie 25. und 26. Januar unter dem Motto „Mittelalter“ über die Bühne gehen. Ein weiterer Höhepunkt wird die Boa Narhalla, der große Fastnachtsumzug durch Ober-Abtsteinach, sein. Dieser wird sich am Sonntag, 3. März, durch die Straßen schlängeln.

Sieben ausverkaufte Prunksitzungen, Viereinhalb Stunden versetzen die über 80 Akteure auf und hinter der Bühne die Gäste zurück ins Mittelalter

Es ist die Zeit der Kreuzzüge, der Hexenverfolgung und der tapferen Ritter. Letzterer ist auch Prinz Al I. „vunns Boche unDoons“, der als vegetarischer Austauschritter als einziger die vergiftete „stoanischer Worschd“ überlebt hat. Mit seinem Knappen „Walter von der Vogelweide“ macht er sich auf den Weg, um den Heiligen Gral zu finden und dadurch sein Land zu retten.
Der Sketch nach der Pause ist bei den Prunksitzungen des OKACLU traditionell dem Prinzenpaar vorbehalten. Herrlich, wie Prinz Al I. auf einem Pferd reitet, ohne auf einem zu sitzen, und Knappe Walter die Hufgeräusche mittels aufeinanderschlagender Kokosnusshälften erzeugt. Auf ihrem Weg durch den Blackwoodforest müssen die beiden allerlei Gefahren bestehen, um den Heiligen Gral, der sich später als Ihre Lieblichkeit Kathrin I. entpuppt, zu finden und aus den Händen des schwarzen Medicus zu befreien.Sie stoßen auf den Hexensabbat,tanzende Männer in Strumpfhosen, Mönche beim letzten Gebet und sogar auf die Päpstin in falschem Gewand, die sich in Götz von Berlichingen verliebt hat.
Lacher auf seiner Seite hatte hierbei der betrunkene Nachtwächter (Michael Trenkwald), der mit Gestik und Mimik überzeugte. Eben das ist die große Stärke des OKACLU: Authentizität. Das strahlte auch das Pfarr- und Jugendheim aus, das passend zum Thema geschmückt war. Das Bühnenbild war bis ins Detail auf das Kampagnenmotto „Mittelalter“ abgestimmt und die Auftritte, die eher einer bunten Show aus Comedy und Tanz glichen, ideen- und abwechslungsreich.

Von der Queen zu Freddie Mercury

Das bewies die Gruppe„Schmink’n’Go“, die sich von der Papeterie inspirieren ließ. Da wurde aus der Queen plötzlich Freddie Mercury mit England-Flagge. Klasse auch die schicke Celine Dion, die sich in die Titanic verwandelte, inklusive der berühmtesten Szene, als Jack und Rose auf dem Bug des Schiffes stehen.
Mit einer der Höhepunkte der Sitzungen. Ebenso wie das Showballett, bei dem auch einzelne Personen aus dem Publikum bei einer mittelalterlichen Stadtführung mit einbezogen wurden: Sie durften lebende Bilder spielen, bevor der Blick wieder auf die Bühne gerichtet wurde.
Dort wartete ein riesiger Bilderrahmen. Das Motiv: Kriegerinnen, die Wächterinnen des Schatzes. Kaum setzte die Musik ein, wurden sie lebendig und boten eine tolle Tanzvorführung.
Diesem Programmpunkt stand auch der Auftritt der Prinzengarde in nichts nach. Verkleidet als Elben führten sie tanzend einen Krieg für die Menschen. Hier ließ es sich auch Prinzessin Kathrin I. nicht nehmen, selbst mitzumachen, was zu viel Applaus führte.
Den hatten sich auch die beiden Brüder Max und Julius Hintenlang verdient, die die „perfekte Büttenrede“ gefunden hatten – inklusive super Hüftschwung von Julius. Während des Sauna-Liedes kamen sich dann auch die Besucher „sau nah“ und ins Schwitzen, da sie eine diffizile Textpassage nachsingen sollten.

Musik und viel Humor

Neben viel Musik durfte natürlichauch der humorvolle Teil nicht fehlen – mit den „Stoanischer Originalen“: Ourewäller Karl, dem Stammtisch, Philipp und Sepp mit Stumbe, Michael Trenkwald und Karl-Fried Sembowski.
Letzterer mit Ringelsocken – natürlich in den OKACLU-Farben – und Sandalen, grauem Pullunder und rosa Hemd sowie grauer Hose, die er („So trägt man das doch heute, oder?“) bis über die Knöchel hochgekrempelt hatte.
Wunderbar, wie er das schüchterne und introvertierte Muttersöhnchen spielt, das nervös die Henkel seiner Stofftasche zwischenden Händen verknotet.
Dass er seine Schaufenster-Bekanntschaft nach drei Wochen heiratet und er sie kurz danach mit einem anderen Mann – einem „Unner-Stoanischer“– im Bett erwischt („Was geht dennda vor?“ – „Deine Uhr, Karl-Fried!“) zeigte, dass er es nicht einfach mit den Frauen hat.

Würgemale statt Knutschflecken

Hätte er den gleichen Studiengang wie der Ourewäller Karl belegt, das „Studieren der Frau“, könnte er sich vielleicht durchsetzen... Doch ob-wohl Karl mittlerweile im 68. Semester ist, nun endlich den Bachelor in der Tasche hat, kann auch er die Frauen immer noch nicht durchschauen und ist froh, wenn er mal ein schönes Wochenende – alsoohne die Gattin – verbringen kann.
„Statt Knutschflecken habe ich heute Würgemale“, bemängelte er. Was fürs Auge war auch Michael Trenkwald. Seine Mimiken sind ungeschlagen; pantomimisch wie darstellerisch ging er in seiner „unter-hopften und dauernörgelenden“Rolle voll auf, als er das Dilemma einer voll automatisierten Toilettenanlage beschrieb.
Auch beim Stammtisch ging es heftig zu, als der „Apotheker“, für den Trenkwald auch gerne den Dialekt ins Hochdeutsche übersetzt, mit blauen Flecken im Lokal erschien – Gott sei Dank wurde dann gleich ein „kühles Blondes“ gereicht.
Als das gesamte Publikum beiden Hymnen „Mer singe no, mergehn net hoam“ und „Wir sind der OKACLU“ aufstand und mitsang, war das nach viereinhalb Stunden ein beeindruckendes Schlussbild. Passend dazu erstrahlte der Saal in einem Smartphone-Lichtermeer –und das mitten im Mittelalter.






Prinz Al I. ist eingeholt

„Sitzt der Prinz?“ ruft der Hofmarschall in die lustige Runde. Ein lautes „Jawohl“ ertönt, sodass sich der Umzug durch Ober-Abtsteinach in Bewegung setzen kann. Angeführt von Ritter Claudius, Hofmarschall und -archivar Bernd vom Burghof sowie den Knappen Justus, Laif und Moritz setzt sich die Narrenschar des OKACLU in Bewegung, um ihren Prinzen Al I. vunns Boche un Doons einzuholen. Der reitet unübersehbar auf einem stattlichen Ross durch die Straßen.
Mit dabei natürlich auch die Hofkapelle, die außerhalb der fünften Jahreszeit als KKM auftritt, die Prinzengarde, der Hohe Rat in Gelb, Ritter, eine Söldnertruppe aus „UA“, Fischmädchen, Hausdamen, Frösche, Hexen, Leibwächter und Fatzvögel aller Art. Die Bürger am Straßenrand winken dem kleinen Umzug zu; an einigen Häusern wehen schon die Fahnen in rot, weiß, blau und gelb – die Traditionsfarben des OKACLU.
Die Prinzeneinholung gehört zur Tradition des Ober-Abtsteinacher Karnevalclubs – und diese wird immer eine Woche vor dem großen Fastnachtsumzug „Boa Narhalla“ durchgeführt, um die Fastnachter schon einmal auf den Höhepunkt der Kampagne vorzubereiten; aber auch, um das aktuelle Prinzenpaar zu würdigen und die Kampagnenorden zu verteilen.

Helau und viel Musik

Hierzu trafen sich die OKACLU-Mitglieder in der „Villa Beckert“, dem uralten Geschlecht „vunns Doons“, und zogen von dort aus mit lauten Helau-Rufen und viel Musik in Richtung Burgschänke los. So sollte auch die ganze Bevölkerung auf dieses Ereignis aufmerksam werden.
Bevor das große Gelage beginnen konnte, hakte sich die ganze „Herrschar“ ein, schunkelte und sang zu den Klängen der Hofkapelle. Mitgerissen von der ausgelassenen Stimmung tanzten Prinz Al I. und ihre (getarnte) Lieblichkeit Prinzessin Kathrin I. beim ersten Umtrunk spontan einen Walzer.
„Jetzt geht es erst richtig los“, verkündete seine Exzellenz, Präsident Sven Tietze, dann beim Gelage. Denn der Höhepunkt der Fastnachtskampagne, der auch gleichzeitig deren Ende einläutet, folgt mit dem Fastnachtsumzug am kommenden Sonntag, 3. März, ab 14.11 Uhr.
In seiner Laudatio blickte der Hofmarschall Bernd vom Burghof noch einmal zurück. Acht DIN-A-4-Seiten hatte er vorbereitet, die Sätze weise gewählt und mit lateinischen Wörtern aufgewertet, als er dann in mittelalterlicher Sprache mit seiner lustigen Rückbesinnung begann.
„Am Hofe Ihro Hoheiten herrschet kein Langweil. Ein Fest jaget das andere“, erläuterte der Hofmarschall. Angefangen mit der Enthüllung des Prinzenpaares am 11.11., bei der „Jubel ausbrannte und ein stürmisch Juchzen – immensum chamorem tollere – durch alle Kehlen ging“ sowie den sieben Prunksitzungen mit über 2300 Besuchern, gefolgt vom Kreisnarrentreffen und dem Besuch weiterer Fastnachtsveranstaltungen in der Region, zollte er Prinz Al I. und seiner Kathrin „allerhöchst Lob“. Währenddessen griff der Hofmarschall immer wieder zum „Humpen“, um mit einem dreifach donnernden Helau auf die Kampagne – und natürlich auf das Prinzenpaar – anzustoßen.
Traditionell durfte im Anschluss die Kartoffelwurst mit Brot und Gurken nicht fehlen – nicht jedoch, bevor die Giftprobe unternommen wurde. Da das Essen frei von toxischen Zutaten war, konnten sich die Narren genüsslich für den kommenden Sonntag stärken.

Narren bringen Farbe nach „Stoanisch“

Bonbon- und Konfettiregen: Wenn der OKACLU zur sogenannten „Boa Narhalla“ ruft, kommen die Narren aus der gesamten Region nach Ober-Abtsteinach und verwandeln die Hardberggemeinde in ein buntes Fastnachtsdorf. Das Schöne dabei ist aber nicht nur der große Einfallsreichtum der beteiligten 40 Motivwagen und Fußgruppen, sondern auch, dass zum einen Jung und Alt gemeinsam feiern und zum anderen, dass viele befreundete Fastnachtsvereine an dem großen Umzug durch die Straßen teilnehmen.
Das freute auch Sven Tietze, Präsident des OKACLU, der den närrischen Lindwurm auf einer Empore am Rathaus moderierte. Als aber der Birkenauer Carnevalsverein (BCV) vorbeikam, gab er sein Mikrofon an Birkenaus Bürgermeister Helmut Morr ab. Der kündigte „seinen BCV“ stolz an und sang auch lautstark beim umgedichteten Lied „Mein BCV, Birkenau – das sind wir, das seid ihr“ zur Melodie auf „Sweet Caroline“ mit. Die Freunde des Karnevals Löhrbach (FKL) zeigten derweil einen schillernden Casinobesuch, während sich die Gäste aus Trösel lieber an Märchen hielten und die Hornbächer Schloofmitze einen Jahrmarktbesuch präsentierten.
Direkt von der Bergstraße kamen die Guggemusiker und das Komitee der Weinheimer Pantoffelhelden sowie die Quadschköpfe, die die närrische Zeit mit dem guten Zweck verbinden und die Einnahmen aus ihrem Straßenfastnachtsstand an die Deutsche Krebshilfe spenden.
Aber auch (Fastnachts-)Vereine aus dem Überwald gaben sich die Ehre, verkleideten sich passend zum Thema ihrer eigenen Prunksitzungen. So wurde etwa bei den Gras-Ellenbachern „Miss Liberty“ lebendig und, wie es sich für Amerika gehört, Popcorn an die zahlreichen Zuschauer verteilt. Mit der Aschbacher Hussmouge ging es ins Zirkuszelt und mit dem CCA ins „Winter-Wonderland“ – hier bekamen sogar Schneemänner plötzlich Beine.
Nicht zu überhören, da mit lautem Kanonenschlag und Konfettiregen angekündigt, war der OKACLU selbst, der mit vielen teilnehmenden Gruppen und in mittelalterlicher Manier den Umzug bereicherte. Da durften, wie Tietze verkündete, die „seit 1968 fahrende Badewanne“ und das OKACLU-Moped natürlich ebenso nicht fehlen, wie die Prinzengarde und das Prinzenpaar: Al I. vunns Boche un Doons und Ihre Lieblichkeit Prinzessin Kathrin I. winkten vom neuen Prinzenschiff aus zu – das alte musste nach über 60 Jahren ausgetauscht werden.
Nach einer Stunde war der ganze Spaß wieder vorbei – doch in den Bars, Zelten und Gastwirtschaften in „Stoanisch“ war das erst der Anfang eines langen Partyabends.
nk
Quelle www.wnoz.de